Durchfall im Urlaub - Wie man ihn vorbeugt und was man im Notfall tun kann
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Fremdes Land, fremdes Essen, fremde Erreger – so sieht die perfekte Mischung für Darmverstimmungen aus. Durchfall gehört bei vielen quasi standardmäßig zum Urlaub dazu. Dr. Gerhard Wallner erklärt im Interview mit dem Kneipp-Verlag, warum es dazu kommt, wie man sich dagegen wappnen kann und was im Notfall zu tun ist.
Kneipp-Verlag: Gerade im Urlaub rebelliert oftmals der Bauch und so mancher verbringt einige Urlaubstage auf der Toilette. Warum ist das gerade im Urlaub des Öfteren so?
Dr. Wallner: Reisen in südliche Länder bergen ein relativ hohes Risiko für Durchfallerkrankungen. Das liegt einerseits an mangelnden hygienischen Verhältnissen in diesen Ländern und andererseits auch an der fehlenden Anpassung des Reisenden an Nahrung und Trinkwasser bestimmter Urlaubsländer. Das gilt besonders für Länder in den Tropen und Entwicklungsländer.
Durchfall im Urlaub ist keine Seltenheit. Er ist sogar so häufig, dass er in der Medizin unter einem eigenen Namen bekannt ist: Reisediarrhö. Im Normalfall ist Reisedurchfall harmlos und nach spätestens fünf Tagen Geschichte.
Reisedurchfall ist keine Erkrankung im eigentlichen Sinn, sondern in den meisten Fällen Symptom einer Infektion durch Viren oder Bakterien. Betroffene leiden unter Der Durchfall akut auftretenden, sehr weichem bis flüssigen Stuhl, der häufiger als normal abgesetzt werden muss. Bis zu fünf Toilettengänge pro Tag sind keine Seltenheit. Zusätzlich können Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen auftreten.
In den meisten Fällen handelt es sich bei Durchfall im Urlaub um eine harmlose Verstimmung des Verdauungstraktes. Doch er kann auch Symptom einer (Tropen-)Krankheit sein, die eventuell ärztliche Betreuung erfordert.
Beispielsweise tritt Durchfall als Begleitsymptom folgender Krankheiten auf:
Typhus
Prinzipiell kann Durchfall gut selbst behandelt werden. Der Besuch bei einem Arzt wird dann nötig, wenn es sich um ein Kleinkind oder eine geschwächte Person handelt, wenn nach 72 keine Besserung festgestellt werden kann oder die Symptome nach der Reise immer wiederkehren.
Tritt der Durchfall zusätzlich mit einem der folgenden Symptome auf, sollte ebenfalls ärztlicher Rat eingeholt werden:
Kneipp-Verlag: Kann ich meinen Darm schon vor der Reise für den Urlaub bzw. für das Urlaubsland wappnen?
Dr. Wallner: Wenn jemand schon vor der Reise Probleme mit dem Darm hat oder sehr empfindlich ist, dann sind längere Aufenthalte auf der Toilette schon vorprogrammiert. Nachweislich hilfreich ist es Probiotika schon einige Zeit vor einer Reise zu nehmen. Das kann die Ansiedlung mit krankmachenden Bakterien erschweren. Oft stellt sich die Frage, welche Probiotika und ob es da etwas zu beachten gibt? Am wirkungsvollsten sind Probiotika die mehrere probiotische Stämme enthalten. Bifidobakterien, Laktobazillen und Enterokokken sollten enthalten sein. Ich empfehle „Darm-Balance basic“ die habe ich selbst entwickelt, daher weiß ich, was drinnen ist.
Kneipp-Verlag: Haben Sie Tipps für eine Reiseapotheke für einen gesunden Darm?
Dr. Wallner: In einer Reiseapotheke sollten keinesfalls fehlen: Kohletabletten, Probiotika und elektrolythaltige Beutel zur Ergänzung von Salzverlust.
Reisediarrhö wird meist durch ungewohntes Essen oder mangelnde Hygiene ausgelöst. Magen und Darm können schon durch ungewohnte Speisen und Gewürze aus der Bahn geworfen werden. Doch auch Bakterien, Viren und Parasiten in verunreinigtem Wasser oder in Lebensmittel können akuten Durchfall auslösen.
Dabei handelt es sich um:
Bakterien
Art |
Vorkommen |
Cholera |
|
Campylobacter-Bakterien |
In Lebensmitteln (vorwiegend Geflügelfleisch, Rohmilch, unzureichend gegartem Fleisch), Gewässern, Trinkwasser und Tierkot |
Clostridium perfringens |
in der gesamten Umwelt, vor allem aber in verzehrfertigen Lebensmittel (z.B. Erbsen, Teigwaren, Fleisch) und Kot von infizierten Tieren und Menschen |
Enterotoxische Escherichia coli (ETEC) |
In rohen oder nicht ausreichend gegarten Lebensmitteln, Kot von Wiederkäuern und in Gewässern |
Salmonellen |
in Lebensmitteln (z.B. rohe Eier, Backwaren, Fleisch, Milchprodukte) vor, Salmonella enterica, eine Unterart in der Familie der Salmonellen sind Auslöser von Typhus. Sie werden durch die Aufnahme von durch Ausscheidungen kontaminiertem Wasser oder Lebensmitteln übertragen |
Shigellose |
In verunreinigtem Wasser und Lebensmitteln vor. Auch Fliegen sind potentielle Überträger. |
Staphylococcus aureus |
überall in der Umwelt, in Lebensmitteln und Gewässern |
Viren
Art | Vorkommen | Übertragung |
Norovirus |
weltweit |
Schmierinfektion |
Rotavirus |
weltweit, u.a. in verunreinigtem Wasser und kontaminierten Lebensmitteln |
(fäkal-orale) Schmierinfektion |
Parasiten
Art | Vorkommen | Übertragung |
Giardien / Lamblien |
In Lebensmitteln, stehenden Gewässern, Trinkwasser vor. |
Schmierinfektion |
Kryptosporidien |
In Lebensmitteln, stehenden Gewässern, Trinkwasser vor. |
Schmierinfektion |
Plasmodien |
Besser bekannt ist die Krankheit, die sie beim Menschen auslösen – Malaria. |
|
Reisedurchfall beginnt häufig schon, wenn der Organismus durch ungewohntes Essen aus seinem Rhythmus gebracht wird. Es gibt allerdings Hochrisikoländer für Durchfallerkrankungen. In diesen Region herrschen meist schlechte Hygienestandards in Kombination mit warmen Temperaturen, bei denen sich Erreger gut vermehren können. Besondere Vorsicht ist daher bei Ländern in Äquatornähe geboten. Teile Afrikas, Asiens und Südamerikas gelten als Hochrisikogebiet.
Der klassischen Reisediarrhö kann durch einige Verhaltensregeln vorgebeugt werden.
Kneipp-Verlag: Was sollte ich beim Essen im Urlaub beachten? Motto: Cook it, Peel it – or forget it!
Dr. Wallner: Im Urlaub will man ja auch genießen, aber bei allem was nicht frisch gekocht oder schlecht gegart ist heißt es aufpassen. Ganz wichtig: Trinkwasser und Getränke nur aus der versiegelten Flasche trinken. Generell gilt, je heißer und exotischer das Urlaubsland, desto achtsamer sollte man sein. Ich selbst reise regelmäßig, richtige Probleme hatte ich allerdings nur in wirklichen Risikoländern.
Kneipp-Verlag: Was soll ich beim Trinken beachten? Und: Wie gefährlich sind Eiswürfeln wirklich?
Dr. Wallner: Eiswürfel bestehen bekanntlich aus Wasser, dieses ist in Indien, Südamerika, Afrika und ähnlichen Ländern und Regionen oft verseucht, deshalb dort keinesfalls zu Eiswürfeln greifen. In Italien, Spanien und Griechenland sind Eiswürfel aber fast nie ein Problem.
Kneipp-Verlag: Stichwort Wasser: Wie „gefährlich“ ist Schwimmen im Bezug auf den Darm?
Dr. Wallner: Schwimmen im salzhaltigen Meer ist für den Darm normalerweise kein Risiko. Bei Süßwasserseen oder Flüssen der tropischen Welt ist aber Vorsicht geboten. Dort kann es vor Parasiten nur so wimmeln. Was genau heißt hier Vorsicht? Bedeutet das nicht schwimmen? Süßwassergewässer in subtropischen und tropischen Gegenden sind am besten generell zu meiden, da gibt es keine Tricks um sich vor Infektionen zu schützen.
Neben den Verhaltensregeln vor Ort kann dem Reisedurchfall durch eine gute Pflege der Darmflora vorgebeugt werden. Wenn bereits im Alltag Darmprobleme bestehen oder die Person einen empfindlichen Verdauungstrakt hat, kann eine Probiotika-Kur im Vorfeld einer Reise nützlich sein. Die damit verabreichten guten Darmbakterien erschweren es Erregern, sich im Darm einzunisten und Krankheiten zu verursachen.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit einer Schutzimpfung. Sie hilft zwar nicht gegen sämtliche Erreger in Lebensmitteln, kann aber ernsthaften Erkrankungen wie Cholera oder Typhus vorbeugen. Generell sollte man sich vor dem Beginn einer Fernreise über regionale Krankheiten, Erreger und (verpflichtende) Schutzimpfungen informieren.
Infektionskrankheiten auf Reisen (https://www.gesundheit.gv.at/leben/gesundheitsvorsorge/reisemedizin/infektionskrankheiten/inhalt)
Reiseinformationen nach Land (https://www.bmeia.gv.at/reise-services/laender/)
Allgemeine Reiseinformationen (https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/)
Medizinische Reisetipps des Instituts für Reise- und Tropenmedizin (https://tropeninstitut.at/medizinische-reisetipps-1.htm)
Kneipp-Verlag: Was tun, wenn’s wirklich passiert? Bei Durchfall? Bei Verstopfung? Und: Gibt es noch ein gängiges Problem?
Dr. Wallner: Bei Durchfall erstmals Kohletabletten, je mehr desto besser. Beginnen Sie mit den Kohletabletten gleich nach den ersten Beschwerden. Wenn es möglich ist, die Tabletten in sauberem Wasser auflösen. Kohletabletten saugen Giftstoffe auf, die von Bakterien erzeugt werden. Dadurch sind sie wirksam. Nachdem medizinische Kohle vollkommen unschädlich ist, kann die empfohlene Dosis im Notfall auch um das doppelte überschritten werden.
Probiotika sind ebenfalls ein Mittel welches Besserung verspricht. Wie schon gesagt empfehle ich „Darm-Balance basic“ oder ein anderes gleichwertiges Produkt. Ist der Durchfall ganz arg mit Fieber und Kreislaufproblemen, sollte man speziell bei Kleinkindern und Säuglingen unbedingt einen Arzt aufsuchen.
Und bei Verstopfung: Im Urlaub ist Verstopfung bei vielen ganz typisch. Ungewohntes Essen, Reisestress, Jetlag, fremde WCs und schon geht nichts mehr. Tipp: ruhig bleiben und bei Bedarf ein mildes Abführmittel verwenden. Zäpfchen aus Glycerin können da schon hilfreich sein.
Kneipp-Verlag: Wann muss man unbedingt einen Arzt aufsuchen?
Dr. Wallner: Wenn der Durchfall länger andauert, blutigen Stuhl produziert und Fieber auftritt, heißt es ab zum Arzt. Speziell bei Kleinkindern und alten Leuten kann Durchfall schnell zu Herz- und Kreislaufproblemen führen.
In den meisten Fällen bedarf der Reisedurchfall keiner speziellen Behandlung und kann gut selbst therapiert werden. Sollten besonders starke oder gar zusätzliche Symptome wie Blut im Stuhl oder Fieber auftreten oder auch nach drei Tagen keine Besserung feststellbar sein, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dann kann eine ernsthafte Erkrankung hinter dem Durchfall stecken und eventuell eine Antibiotika-Therapie nötig sein. Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei Babys, Kleinkindern und alten Menschen. Durchfall führt bei ihnen schnell zu Dehydration.
Die wohl wichtigste Maßnahme in der Behandlung ist es, ausreichend Wasser zu sich zu nehmen. Durch den Durchfall verliert der Körper große Mengen an Flüssigkeit und Mineralstoffen. Beide können durch das Trinken von (abgepacktem) Wasser, ungesüßtem Tee und Elektrolytlösungen kompensiert werden.
½ TL Kochsalz
Diät halten: Häufig beruhigen sich Magen und Darm schon, wenn für ein bis zwei Tage auf feste Nahrung verzichtet und/oder strikt auf Schonkost gesetzt wird.
Fettige Speisen und Alkohol sind also tabu. Hat man die Möglichkeit, selbst Essen zuzubereiten, kann eine Karottensuppe zur schnellen Linderung beitragen. Ansonsten eignen sich Zwieback, Salzstangen, Reis und Kartoffeln als adäquate Ernährung bei Durchfall. Auch geriebener Apfel hat sich in der Behandlung bewährt – vorsichtshalber den Apfel vor dem Verzehr schälen!
Kneipp-Verlag: Sollte man den Darm nach dem Urlaub aufbauen? Wenn ja: Warum & wie?
Dr. Wallner: Wenn alles o.k. ist mit dem Bauch, dann ist das nicht notwendig. Sind Probleme aufgetreten, und halten diese auch nach der Rückkehr an, ist eine Untersuchung der Stuhlflora empfehlenswert. Es gibt nicht allzu viele Mediziner, die die Stuhlflora untersuchen. In Eigenregie macht es auch nicht viel Sinn, wer interpretiert dann das Ergebnis? Ich mache solche Stuhluntersuchung routinemäßig bei allen meinen Patienten mit Bauchproblemen.
Reisen, vor allem jene in südliche Länder, bergen ein hohes Risiko für Durchfallerkrankungen. Grund dafür sind einerseits schlechte hygienische Verhältnisse in den Ländern, verschmutzte Lebensmittel sowie kontaminiertes Wasser, andererseits die Sensibilität gegenüber ungewohnten Nahrungsmitteln.
Im Normalfall ist keine ärztliche Behandlung notwendig. Reisedurchfall kann mit Hilfe von Kohletabletten und kurzzeitigem Verzicht auf feste Nahrung gut gemanagt werden. Wichtig ist es, viel zu trinken. Am besten eignen sich abgepacktes Mineralwasser, ungezuckerter Tee und Elektrolytgetränke.
Unter Reisedurchfall oder Reisediarrhö versteht man kurzzeitig auftretenden weichen bis wässrigen Stuhl, der während oder kurz nach einem Aufenthalt im Ausland vorkommt. Die Stuhlmenge ist ebenfalls erhöht – Betroffene müssen mehrmals täglich eine Toilette aufsuchen. Neben dem Durchfall kann es auch zu Übelkeit und Erbrechen kommen. Ausgelöst werden die Symptome meist durch Bakterien, Viren und Parasiten.
Gegen Reisedurchfall hilft am besten ein zweitägiger Verzicht auf feste Nahrung. Stattdessen sollte viel getrunken (Tee, Mineralwasser, Elektrolytgetränk) und gegebenenfalls (Karotten)Suppe eingenommen werden. Auch geriebener Apfel hilft mit seinen Pektinen gegen Durchfall. Danach sollte man den Darm mit Schonkost langsam wieder aufbauen. Gut geeignet sind Reis, Kartoffeln, Zwieback und Salzstangen.
Reisedurchfall dauert in der Regel nicht länger als eine Woche. Ist nach 72 Stunden keine Besserung feststellbar, oder treten weitere Symptome wie Blut oder Schleim im Stuhl, starkes Erbrechen und Fieber auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
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